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Was auf den ersten Blick vermutlich erscheint, als könne das eine für das andere keine Alternative sein, bekommt für den offiziellen Hochzeitsfotografen dann doch Sinn. Ich berichte euch hier von einem Hochzeitsshooting, das in einem Frühsommer stattfand. In der ausführlichen Vorbesprechung für den Fotoauftrag einige Wochen zuvor bat mich das Brautpaar, mich doch möglichst auch festlich zu kleiden … damit ich in der feinen Hochzeitsgesellschaft nicht mehr als unvermeidbar heraussteche. Eigentlich, um der Wahrheit die Ehre zu geben, bot ich es sogar aus freien Stücken an. Es war mein erstes bezahltes Hochzeitsshooting und ich wollte doch nichts verkehrt machen. Da mein Kleiderschrank aus meinem beruflichen Vorleben noch voller dunkler Anzüge hing, sollte das auch kein Problem sein. Schließlich hatte ich 35 Jahre lang Krawatte getragen und konnte davon ausgehen, dass mich feiner Zwirn und Binder nicht beim Fotografieren behindern würden. Allerdings wusste ich am Tag des Vorgesprächs noch nicht, dass sich bis zur Hochzeit die aktuelle Temperatur von rund 10° C ungefähr vervierfachen sollte. Nun stand ich also da in der altehrwürdigen Schloßkirche zu Schleiden in der Eifel, in der Hand meine liebste Hochzeitskamera, die Canon EOS 6D, mit Batteriegriff und dem langen 70-200/2,8er Teleobjektiv, immerhin 3 Kilo schwer. Mit jeder Minute, die ich die wirklich schöne Trauung fotografierte, durchweichte erst mein feines Seidenstickerhemd, dann der anthrazitfarbene Anzug und die Krawatte … naja, Letztere war sowieso als erste in die Fototasche gewandert. Nur einem ging es da noch übler als mir: durch mein Tele konnte ich bestens erkennen, wie dem armen Herrn Pastor in seinem Messgewand wahre Sintfluten von der Stirn liefen. Nach und nach setzte sich aber in der überhitzten Kirche eine Anzugserleichterung durch. Jeder legte ab, was ging und den festlichen Anlass nicht gerade beleidigte. Auch ich fotografierte spätestens ab dem Ringetausch nur noch im Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln. Apropos Ringetausch: als Hochzeitsfotograf kommt man neben der möglichen hohen Außentemperatur aus zwei weiteren Gründen stets ins Schwitzen. Zum einen ist es wohl der Stress. Immerhin gibt es bei einer Trauung einige Momente, die du auf gar keinen Fall verpassen darfst – Ringetausch und „Sie dürfen die Braut jetzt küssen!“. Und da geht es nicht nur um ein mögliches Verpassen des Moments – nein, der Hochzeitsfotograf muss in genau diesen Momenten freie Schussbahn haben und die schwierige Belichtung in einer dunklen Kirche muss auf den Punkt sitzen, nichts darf verwackeln. Ich kann euch sagen: da bekäme man auch bei Minustemperaturen stets kurzzeitig die fliegende Hitze. Der zweite Grund ist folgender: bei einer zweistündigen Trauung, mit Ein- und Ausmarsch, schieße ich um die 350 bis 450 Fotos. Und vom professionellen Fotografen erwartet man nicht nur perfekte Technik, sondern auch kreative Perspektiven. Das bedeutet, man ist wirklich viel in Bewegung und 300 Kniebeugen sind garantiert dabei. Jedenfalls verlor ich bei dieser denkwürdigen Hitzehochzeit 3 Kilo (habe sie aber inzwischen wiedergefunden … und noch 2 mehr …). Damit war der Spaß aber noch nicht vorbei. Richtig los gingen die Probleme erst, als ich die Fotos später am PC nachbearbeitete. Wenigsten auf den gestellten Paar- und Gruppenfotos nach der Trauung (auch nochmal beinahe 100 Stück) mussten die glänzenden Gesichter retuschiert werden. Normalerweise gebe ich jedem Foto durchschnittlich 2 Minuten Nachbearbeitung (übrigens, das sind bei 400 Fotos bereits 13 Stunden Nachbearbeitung, netto,  die kein Mensch sieht …). Die schweißglänzenden Bilder bedurften aber eines weit größeren Retuscheaufwands. An einem besonderen Bild habe ich beinahe eine Stunde lang retuschiert. Hier standen Braut und Bräutigam im offenen Cabriolet beim Kuss und der Bräutigam reckte dabei eine Faust zum Himmel („Jaaaa, ich habe sie bekommen!“). Der Bräutigam hatte einen edlen hellgrauen Anzug an … und dreimal dürft ihr raten, wie die Achsel unter diesem hochgestreckten Arm aussah. Genau: dunkelgrau, nass. Ich wusste aber, dass den beiden genau dieses Bild besonders wichtig war. Sie hatten sich diese Pose selbst ausgedacht und waren schon beim ganzen Shooting dran „Nachher aber noch das Bild im Auto !!!“. Die Retusche, aus dem dunkelgrau mit all seinen Falten, Nähten, Schattierungen ein trocken wirkendes hellgraues Stöffchen zu machen, hatte mir schon einiges abverlangt. Viele sagen, die Hochzeitsfotografie ist die stressigste Art, als Fotograf sein Geld zu verdienen. Ich will dem nicht widersprechen … aber ich will ergänzen, dass auch kaum etwas so viel Spaß macht. Vor allem ein paar Tage später, wenn die Bilder gemeinsam mit den frisch Vermählten durchgeschaut werden und die Begeisterung aus den Augen der beiden spricht. Alle anderen Kunden hören jetzt bitte mal weg! … aber Brautleute sind stets die dankbarsten Kunden, die mir das Gefühl verschaffen, nicht einfach nur ein Handwerker gewesen zu sein, sondern Emotionen zum späteren jederzeitigen Auftauen konserviert zu haben.
Blog vom 2. März 2018 Hochzeit fotografieren? Oder doch lieber ins Fitness-Studio?